09. Oktober 2019
Das Überraschungsmoment spielt eine wesentliche Rolle, wenn man Kinder von heute begeistern will. Das wissen auch die Musikerinnen und Musiker, die seit vergangenen Sonntag in Schwarzenberg zu Gast sind, um in den kommenden Tagen im Festival :alpenarte eine bunte Mischung von unterschiedlichsten Musik-Programmen auf die Bühne des Angelika-Kauffmann-Saals zu bringen. Doch vor dem ersten Konzert dieser Ausgabe am Donnerstag, den 10. Oktober (20 Uhr), stehen bei :alpenarte traditionell erst einmal die Kinder im Vordergrund. Schon im Vorfeld des Festivals hatten die Musikerinnen und Musikern einige Schulen in der Region Bregenzerwald besucht, um sich den Kindern vorzustellen. Sie wissen, dass auch ihre Zukunft von einem zukünftigen Publikum abhängt, das man allerdings interessieren muss für das, was da auf den Abendbühnen geschieht.
Mehr als 350 Volksschüler aus der Region Bregenzerwald waren mit ihren Lehrern also am Mittwochmorgen nach Schwarzenberg gekommen, um die Musiker dieser Herbst-Ausgabe zu erleben. Und man kann mit Recht mutmaßen, dass es nicht allein aus dem Grund geschah, da es etwas Anderes als Unterricht zu erleben gab … Nein, ganz und gar nicht, denn die Kinder begrüßten die Musiker bereits mit einem irrwitzigen Applaus und Geschrei, wie bei einem Popkonzert.
In dieser Herbst-Ausgabe von :alpenarte hat man die österreichische Cellistin Marie Spaemann zur Intendantin in Residence auserkoren. Und Marie Spaemann ist selbst eine vielseitige und schillernde Musikerin, für die es kaum Grenzen in der Musik gibt, solange die Qualität stimmt. „Das Coole an der Musik ist, dass sie so vielseitig ist. Und deshalb habe ich auch Musiker eingeladen, die ebenso vielseitig sind“, erklärte sie den Kindern. Und genau das macht das diesjährige Festival aus: Die Vielseitigkeit. Die Musiker – neben Marie Spaemann (Österreich, Cello, Gesang), Anna Magdalena Kokits (Österreich, Klavier), Aoife Ní Bhriain und Sara Domjanić (Irland und Liechtenstein, Violinen), Isidora Timotijević (Serbien, Viola), Jura Herceg (Kroatien, Kontrabass), Christian Bakanic (Österreich, Akkordeon), Bryan Benner (USA, Gitarre und Gesang), Nika Bauman (Kroatien, Flöte) – haben alle neben ihrer Beschäftigung mit der „ernsten“ klassischen Musik, auch andere musikalische Interessen. Das ist eines der faszinierenden Elemente von :alpenarte: Musiker aus der ganzen Welt kommen zusammen und verbinden ihre so unterschiedlichen Interessen in Schwarzenberg, um dann in diesem Herbst auch verstärkt mit eigenen Werken aufzuwarten, die selbstredend ein Ausdruck unserer Zeit sind.
Dennoch begann man an diesem Morgen das Programm mit klassischer Musik: Das Rondo aus Carl Maria von Webers Klarinettenquintett Op. 34 machte den Beginn. Sebastian Manz, Künstlerischer Leiter des Festivals, der immer auch als Musiker aktiv im Programm von :alpenarte spielt, zeigte hier sein überbordendes Temperament – ging in seinem Part weit über die üblichen Ausdruckswelten der Klassik hinaus. Genau auf diese Weise kann man die Kinder packen. Welchen Facettenreichtum das Festival in diesem Herbst aufweisen wird, zeigten dann Bryan Benner und Christian Bakanic, die mit Akkordeon und Gitarre eine volkstümelnde Version von Franz Schuberts „Das Wandern“ darboten, bei dem Benner faszinierend sang und die Kinder in den Bann schlug. Mit einer animierenden Jodel-Einlage, bei der die Kinder mitmachten, war das Eis zwischen Bühne und Zuhörerraum endgültig gebrochen und wurde mit dem Schubert-Lied „Die Forelle“ von den beiden noch getoppt.
Die gemeinnützige Gesellschaft :alpenarte als Träger dieses Festivals, sowie der „Verein der Freunde von :alpenarte“ sind mittlerweile mit ihrem Festival angekommen in einem ganz besonderen, einem anderen Format von Musik und Musikvermittlung als dem üblichen: Junge Musiker drücken sich und ihre Interessen musikalisch aus, überraschen mit ihrem brillanten Spiel, sind aber nicht nur Interpreten bekannter Werke aus der Vergangenheit, sondern auch Musikschaffende, Komponisten und Arrangeure. Dies wird in dieser Ausgabe besonders zum Tragen kommen.
Dass dabei die Auswahl der richtigen Werke wichtig ist und die Vielfarbigkeit der sogenannten Klassischen Musik aufzuzeigen, ist natürlich wichtig. Das hat Marie Spaemann mit ihren Musikerfreunden bravourös gelöst – wie ein Blick auf die vier abwechslungsreichen Konzertprogramme dieses Herbst-Festivals zeigt. Und die Musiker boten genau diesen Abwechslungsreichtum auch den Kindern am Mittwochvormittag: Klezmer-Musik erklang neben einem Satz aus Francis Poulencs „Flötensonate“ – wo sonst findet man so etwas!
Marie Spaemann nahm die Kinder dann mit einem ihrer eigenen Songs über die Göttin Europa in „Metamorphosis“ mit, indem die Kleinen den Refrain mitsingen konnten. Die soulige Stimme von Spaemann ist ergreifend und der jazzige Song ist ein tiefbewegendes Zeugnis ihres intelligenten Musikverständnisses. Und davon wird es noch mehr geben …
Die Kinder waren die begeistert – und fast steht außer Frage, dass die Eltern zu Hause nun animiert werden, die Konzerte mit den Kindern, die ohnehin (bis 18 Jahre) freien Eintritt erhalten, zu besuchen. Es lohnt sich in jedem Fall!