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Vielfalt in Ausdruck und Genres

14. Mai 2019

Wenn man auf ein Festival wie auf die Frühjahrsausgabe der diesjährigen :alpenarte in Schwarzenberg im Bregenzerwald zurückschaut, hat man so viele Eindrücke zu verarbeiten, dass es schwer ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden, ein zentrales Gefühl über das Festival zu äußern. Es war spannend, es war vielfältig, es war grandios, es war todernst und witzig, es unterhielt und es ließ nachdenken. :alpenarte ist spätestens mit dieser Ausgabe in der Festival-Landschaft internationaler Zusammenkünfte junger, hochbegabter Musiker angekommen. Mit der Programmwahl der vier Konzerte haben die Intendantin der diesjährigen Frühjahrsausgabe (der fünften insgesamt), die slowenische Flötistin Eva-Nina Kozmus, und der künstlerische Leiter des Festivals, der deutsche Klarinettist Sebastian Manz, bewiesen, dass man ein Festival mit unbekannten wie unterhaltsamen Werken auf ein Niveau bringen kann, das den Festivals, die sich vornehmlich dem Standardrepertoire der klassisch-romantischen Epochen verschrieben haben, absolut ebenbürtig sein kann.

Der Arbeitsaufwand für die Musiker (Lisa-Maria Hilti, Harfe, Miriam Helms Ålien und Eoin Ducrot, Violinen, Jacques Pérez und Eivind Ringstad, Violas, François Thirault, Cello, Adrian Buzac, Oboe, Sebastian Manz, Klarinette, Eva-Nina Kozmus, Flöte, Yannick Rafalimanana, Klavier) war extrem, denn die Anzahl der zu erarbeitenden Werke war immens. Doch der Aufwand hat sich gelohnt, denn die Momente des Entdeckens, des Erstaunens und des Genießens waren in dieser Vielfalt vielleicht noch bei keiner der bisherigen Austragungen des Festivals im Angelika-Kauffmann-Saal in so vielfältiger Weise zu erleben.

Mit den gewählten Mottos der Konzerte hatte man anscheinend den Nerv der Musiker und des Publikums getroffen, das deutlich zahlreicher erschien als noch im Herbst vergangenen Jahres. War es die bereits leicht zu spürende Tradition, die sich die :alpenarte erarbeitet hat oder doch die Lust des Publikums darauf, Neues zu entdecken und zu hören? Es war wohl eine Mischung von beidem: Die Faszination für die ungewöhnlichen Besetzungen mit Flöte und Harfe war ebenso vorhanden wie die Neugier. Und diese wurde in jedem Moment befriedigt. Dies hatte mit einem der Werke aus der Feder der zahlreich im Programm vorhandenen französischen Komponisten ebenso funktioniert wie bei den vielen Arrangements und Kompositionen von Sebastian Manz, die große Themen mit unterhaltsam-witzigen Einfällen kombinierten. Besonders intensiv werden den Besuchern aber die vollkommen neuen Werke des zum Festival eingeladenen irischen Komponisten Sam Perkin (* 1985) im Gedächtnis bleiben, denn diese Werke – teilweise in Verbindung von akustischen mit elektronischen Klängen – trafen einen Nerv der Zuhörer, der sie emotional bewegte.

Eva-Nina Kozmus, der man bei einem ersten Blick auf die Programme hätte vorwerfen können, dass sie zu viel kleinteilige Strukturen entworfen hatte, konnte man am Ende der Intendanz in Residence nur beglückwünschen. Denn einmal abgesehen von den grandiosen Leistungen der Musiker, die sich alle ernsthaft mit den auch noch so unterhaltsamen Werken auseinandersetzten, um das Niveau niemals zu unterschreiten und die Musik immer in den Vordergrund zu stellen, waren es vor allem die programmatischen Strukturen, die am Ende eines Konzerts einen Sinn ergaben. Da folgte beispielsweise ein Werk der wenig beachteten französischen Komponisten Lili Boulanger einem Werk von Ravel, wurde der als Filmkomponist berühmte Nino Rota mit einem reinen Kammermusikwerk vorgestellt.

Das Samstagkonzert war dann der Abend der jungen Flötistin: Bemerkenswert behände sprang sie durch die musikalischen Genres und Zeiten der Kompositionen, von Jean Françaix zu Heitor Villa-Lobos, von André Jolivet zu Claude Debussy und so fort. Das war eine Präsentation einer unfassbar talentierten Künstlerin, von der man sicherlich in Zukunft noch recht viel hören wird – in Schwarzenberg konnten die Zuhörer sie schon jetzt erleben.

 

:alpenarte ist auf dem besten Weg, sich eine Tradition zu erarbeiten, die in der Festivallandschaft eine Einmaligkeit aufweist: junge Künstler gestalten eigenverantwortlich und mit den von ihnen ausgewählten Künstlern vier ungewöhnliche Konzerte im wunderbaren Ambiente des Bregenzerwalds. Und haben mit dem Angelika-Kauffmann-Saal eine Bühne der Extraklasse zur Verfügung. Die gemeinnützige Gesellschaft :alpenarte als Träger dieses Festivals, sowie der „Verein der Freunde von :alpenarte“ haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren intensiv daran gearbeitet, den jungen Künstlern diese Plattform zu ermöglichen. Das Festival in diesem Frühjahr hat die Verantwortlichen nun langsam bestätigt, dass ihr Weg ein richtiger ist, denn die Zuschauerzahlen sind deutlich gestiegen.

Was das bedeutet? Nun, :alpenarte hat sich ein eigenes Publikum erarbeitet, hat auch die zu Beginn zweifelnden Kritiker überzeugt. Man muss die Konzerte von :alpenarte im Saal, vor Ort erleben, um sich letztendlich ein Urteil zu bilden. Und das haben die meisten Menschen mittlerweile verstanden.

Im Oktober wird es im Angelika-Kauffmann-Saal in Schwarzenberg die nächste :alpenarte geben. Dann wird die österreichische Cellistin Marie Spaemann ihre Idee von Programmen als Intendantin in Residence präsentieren. Da sie sich als „Mela“ auch als Songwriterin und Sängerin einen Namen machen konnte, wird man sicherlich einige spannende Momente erleben können.

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