31. Oktober 2018
Dass in Schwarzenberg, im österreichischen Bundesland Vorarlberg (nahe der Schweizer Grenze) neben der kulturell seit langem diesen Ort in die Welt der klassischen Musikliebhaber tragenden „Schubertiade“ seit 2017 auch ein anderes, ein neues und frisches Kammermusikfestival ausgetragen wird, scheint sich mehr und mehr unter Musikfreunden herumzusprechen. Denn mit :alpenarte hat die für dieses Festival gegründete gemeinnützige Gesellschaft ein neues Format in die Welt der Klassikfestivals eingeführt. Zwei Mal jährlich, im Frühjahr und im Herbst, findet dieses einwöchige Festival nun statt. Die Besonderheiten des neuartigen Konzepts sind mannigfaltig. Zum einen hat man seit der dritten Ausgabe im Frühjahr 2018 den bekannten deutschen Klarinettisten Sebastian Manz als künstlerischen Leiter gewinnen können. Besonders ist dies deshalb, da Manz über ein wunderbares Sendungsbewusstsein für die Vermittlung von Musik verfügt, aber auch als Musiker fähig ist, die eingeladenen Musiker bestens zu leiten und zu betreuen. Des Weiteren ist es keine Selbstverständlichkeit, dass man erfolgreiche junge Musiker dazu einlädt, die organisatorische Seite eines Festivals kennenzulernen und auszuführen. Bei :alpenarte, dessen Konzerte im Schwarzenberger Kleinod, dem Angelika-Kauffmann-Saal stattfinden, ist es bei jeder Austragung ein Musiker von Format, der die Aufgabe des Intendanten übernimmt.
Nach dem deutschen Pianisten Mario Häring, dem russischen Geiger Yury Revich und dem kroatischen Gitarristen Petrit Ceku, hatte man bei der vierten Austragung in diesem Herbst die Aufgabe dem rumänischen Cellisten Andrei Ioniţă übergeben, einem Gewinner des berühmten Tschaikowsky-Wettbewerbs und trotz seines noch jungen Alters von nur 24 Jahren ein weltweit auftretender Künstler.
Andrei Ioniţă hat sich viel Gedanken um eine interessante, ungewöhnliche und dennoch stimmige Konzeptionierung für ein Programm mit vier Konzerten gemacht. Selbstredend lädt ein solch junger Musiker Freunde aus seinem Umfeld ein, mit denen er bereits spielte und die auf einem ähnlich hohen Niveau musizieren wie er selbst. Und welch eine internationale Riege an wunderbaren jungen Musikern hatte Ioniţă eingeladen: Alexandra Paladi, Christel Lee und Jonia-Ilias Kadesha als Violinisten, Karolina Errera und Nilay Özdemir als famose Bratscherinnen, Daria Ioana Tudor und Juan Pérez Floristán als kongeniale Pianisten, Pablo Barragán als Klarinettisten und die famose Vashti Hunter als Cellistin neben ihm selbst. Damit wurde zeitgleich der Idee der Internationalität von :alpenarte Rechnung getragen. Doch die Musik steht auch bei diesem Festival im Mittelpunkt. Mit den vier ungewöhnlichen Programmen, die von der deutschen Romantik, mit Werken von Schumann und Brahms, über europäische Musikgedanken mit Werken der Moderne von Jörg Widmann und Svante Henryson sowie Kompositionen, die die Idee der neuen Identität von nationalem Ausdruck mit Kompositionen von Manuel de Falla und Antonín Dvorák präsentierten, begeisterte Ioniţă das Publikum, das offen die neuen Herausforderungen neuartiger und ungewohnter Klänge annahm. Dass er zudem ein gesamtes Programm den unterschiedlichen musikalischen Ausdruckswelten seiner Heimat Rumänien widmete, zeigte, wie offen und unvoreingenommen Andrei Ioniţă an die Programmatik heranging. Bei anderen Festivals wären Programme mit Werken der unbekannteren rumänischen Komponisten wie Tiberiu Olah, George Enescu und Radu Paladi sicherlich abgelehnt worden. Bei :alpenarte ist dies möglich. Und das ist gut so, denn die Zuhörer entdeckten auf diese Weise Werke, die sie andernorts nicht zu hören bekommen und die wahre Meisterwerke darstellen. Dass am Abschluss dann die russische Seele mit großartigen und bekannten Werken Tschaikowsky, Rachmaninow und Schostakowitsch angegangen wurde, war stimmig in der Gesamtstruktur des Programms.
Gut, dass der künstlerische Leister Sebastian Manz sich im Hintergrund hielt, sich als geschickter und vermittelnder Moderator auf der Bühne zeigte. Mit ihm als leitendem Geist gelang all dies so stimmig, dass man erkannte, welch Potenzial in diesem noch jungen Festival steckt. Nicht nur das Publikum in den Konzerten war begeistert, sondern auch die über 500 Kinder, die die jungen Musiker mit drei Konzerten vor Beginn des Festivals mit ihrer Musik in Schulkonzerten in den Mittelschulen in Bezau und Au sowie Grundschulklassen in Schwarzenberg begeistert hatten. Somit ist das Sendungsbewusstsein nochmals auf eine neue Stufe gestellt worden, was der Region zu Gute kommt. Überhaupt ist es wichtig, dass man mit dem Publikum spricht. Und genau da gaben sich die Grundsatzideen von Andrei Ioniţă und Sebastian Manz die Hand, denn beide wussten das Publikum gut anzusprechen, um eine offene Atmosphäre für die Musik zu kreieren.
Dabei zeigte sich ebenso, dass Andrei Ioniţă kein Künstler ist, der sich gerne in den Vordergrund drängt. Auch wenn er mit Schumanns „Fantasiestücken“ das Festival eröffnete, nahm er sich zurück, fügte sich immer wieder in das kammermusikalische Geschehen ein. Eines der Programme gestaltet er sogar ohne eigene Teilnahme. Das zeugt von Größe und von der Verantwortung den Mitwirkenden gegenüber.
Insgesamt war die Herbstausgabe 2018 von :alpenarte ein Erfolg auf dem Weg zu noch größerer Aufmerksamkeit. Mit einem Zuwachs von 40 Prozent mehr Besuchern (aus der Region und dem Ausland) im Vergleich zur Frühjahrsausgabe dieses Festivals auf fast 1000 Zuhörer in vier Konzerten zeichnet sich jetzt schon ab, dass :alpenarte für Klassikfreunde bald schon ein Muss in der jährlichen Planung sein wird.